"Heimat - eine Suche"
Ausstellungsstück der Dreibrückenschützen im Haus der Geschichte, Bonn
„HEIMAT - Eine Suche“
Mitte 2020 erreichte ein Anruf einer Mitarbeiterin des „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ in Bonn Dreibrückenpräsident Hennes Bußmann. In der Vorbereitung der Ausstellung „HEIMAT - Eine Suche“ war man auf ein Foto von Hugo Spiegel als erstem jüdischen Schützenkönig im Nachkriegsdeutschland und auf die Äußerung seines Sohnes Paul Spiegel (2000-2006 Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland) aufmerksam geworden, die gut zum Ausstellungsthema passten. „In Warendorfs Schützenverein „Hinter den drei Brücken“ wurde mein Vater 1962 Schützenkönig, zweifellos ein Ereignis mit symbolischem Charakter. Zum ersten Mal wurde ein Jude in Warendorf und im Münsterland und wohl auch in Deutschland Schützenkönig.“ Und er fährt fort: „Ein würdiger König war er – aber kein gedankenloser. Als wir [...] endlich allein waren, sagte er, der nie über die Vergangenheit sprach [...]: Seht ihr! Es war richtig, heim nach Warendorf zu kehren! Und dann, fast verstummend: Wenn unser Roselchen das hätte erleben können ...“
In der Einführung zur Ausstellung wird zum Ausstellungsthema ausgeführt: „Heimat verspricht Geborgenheit und Überschaubarkeit – insbesondere in Zeiten großer politischer und gesellschaftlicher Herausforderungen. Aber Heimat ist sehr vielschichtig. (…) Für manche ist Heimat ganz klar mit einem Ort verbunden, den sie nie verlassen wollten, dem sie aber gezwungenermaßen den Rücken kehren müssen. (…) Die Ausstellung will sich daher mit verschiedenen Seiten des Heimatbegriffs auseinandersetzen: Heimat im geteilten Deutschland und Identitäten in verschiedenen Regionen, (Spät-)Aussiedler und Vertriebene, jüdisches Leben in Deutschland, Zerstörung von Heimat durch Energiegewinnungsprojekte, Heimischwerden von Menschen mit internationaler Geschichte. Der Fokus liegt auf der Entwicklung seit 1945.“
Die Ausstellungskuratorinnen nahmen das Foto von Hugo Spiegel als Schützenkönig des Schützenvereins „Hinter den drei Brücken“ und die Äußerungen seines Sohnes zum Anlass, den Kontakt zum Schützenverein „Hinter den drei Brücken“ aufzunehmen und nach möglichen Exponaten für die Ausstellung zu fragen. Vereins-Vize Jürgen Rüsel konnte den Kuratorinnen nicht nur das Original- Thronbild sondern auch den Königsorden von 1962 als Ausstellungsstücke anbieten, was man seitens des Haus der Geschichte dankbar annahm. Lisa Rüsel übernahm im Juni 2021 den Kurierdienst, schließlich wollte man seitens der Dreibrückenschützen sicherstellen, dass die historischen Exponate unbeschadet in Bonn ankamen. Lisa Rüsel wusste später beeindruckt zu berichten, mit welcher Sorgfalt die Ausstellungsmacherinnen beide Ausstellungsstücke in Empfang nahmen „Die Mitarbeiterinnen haben sich extra weiße Handschuhe zum Schutz angezogen und waren begeistert.“ Als dann noch bestätigt werden konnte, dass insbesondere der Orden noch nie vorher ausgestellt worden war, sei die Begeisterung groß gewesen. Vom 11. Dezember 2021 bis zum 08. Januar 2023 waren beide Exponate Teil der gut besuchten Wechselausstellung im Haus der Geschichte.
Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes der Dreibrückenschützen machten sich nun am vorletzten Tag der Ausstellung auf den Weg nach Bonn, um die von ihnen zur Verfügung gestellten Exponate vor Ort in Augenschein zu nehmen. Hennes Bußmann und Jürgen Rüsel mit ihren Frauen zeigten sich von der Ausstellung und besonders der Integration der für den Verein bedeutenden Stücke angetan. „Hugo Spiegel war nicht nur Schützenkönig unseres Schützenvereins Hinter den drei Brücken, sondern auch lange davor und auch danach aktives Mitglied, der sich an vielen Stellen des Vereinslebens einbrachte“, so Bußmann und Rüsel unisono. Insbesondere die noch vollständig existierenden Protokollbücher der Vorstandssitzungen der Dreibrückenschützen belegten sein Engagement, so Vereinspräsident Bußmann.
„Wir haben Hugo Spiegel schon in unserer Festschrift zum 100-jährigen Vereinsjubiläum im letzten Jahr ein großes Kapitel gewidmet und empfinden seine Biographie und seine gelebte Verbundenheit mit unserem Schützenverein als Verpflichtung für uns als Dreibrückenschützen uns gegen Ausgrenzung und für Integration einzusetzen, umso mehr, da es uns noch nicht im gewünschten Maß gelungen ist, den Verein diverser zu gestalten“, so Bußmann selbstkritisch. Rüsel kündigte an, bei einer möglichen nächsten Stolperstein-Verlegungen eine Patenschaft übernehmen und einer durch die Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Person Namen, Geschichte, Würde und einen Platz in der Warendorfer Stadtgeschichte zurückgeben zu wollen. Hierzu habe man den Kontakt zum „Arbeitskreis Jüdisches Leben in Warendorf“ der Altstadtfreunde aufgenommen.